Erzählungen von Tausendundeiner Glasperle

Die SWARCO-Pioniere der Straßenmarkierung

Als SWARCO 1969 gegründet wurde, konnte sich niemand vorstellen, wie schnell das Wachstum in den folgenden fünfzig Jahren sein würde. Manfred Swarovski und ein kleines eingeschworenes Team legten Mitte der 70er Jahre den Grundstein für den heutigen Erfolg im Mittleren Osten. Das ist die Geschichte der Männer, ohne die SWARCO heute wahrscheinlich nicht existieren würde. Wie einige andere SWARCO-Geschichten beginnt auch diese in einer Bar. Manfred Swarovski trifft in London einen arabischen Geschäftsmann. Und so kann das Abenteuer beginnen.

DAS ABENTEUER BEGINNT

Die Koffer sind gepackt. Der junge Fritz Pfister sitzt am Wiener Flughafen und wartet auf seinen ersten großen Auftrag für das junge Straßenmarkierungsunternehmen M. SWAROVSKI. Das Abenteuer "Tausendundeine Glasperle" hat begonnen und wird für Fritz zehn Jahre dauern. Es geht darum, Straßenmarkierungen im Nahen Osten erfolgreich zu etablieren, zu verkaufen und auf den Straßen anzuwenden.

Riad, die Hauptstadt Saudi-Arabiens – heute eine Metropole mit acht Millionen Einwohnern – überschreitet 1976 die Millionengrenze und boomt wirtschaftlich. Fritz Pfister und ein kleines Team legten die ersten Teststraßennagel vor dem Polizeipräsidium in Riad. Es wird jedoch fast zwei Jahre dauern, bis der Auftrag für das innovative und selbst entwickelte Keramikprodukt mit eingebetteten Glasperlen, die bei Nacht retroreflektieren, erteilt wird.

Eine harte Arbeit für echte Männer - die Markierung von Straßen in der arabischen Wüste.
SWARCO-Zentrale in Bagdad in den 70er und 80er Jahren.

Asphalttemperaturen von bis zu 70 Grad Celsius, der hohe Gummiabrieb der Reifen und Sand überall, sind unerwartet hohe Hindernisse für Mensch, Maschine und Produkt. "Dazu kamen kulturelle Unterschiede und die höllisch heißen Sommer, die ich nie vergessen werde", sagt Fritz Pfister.

Fritz Pfister war bis zur ersten Bestellung allein vor Ort. Schon damals stand der Name Swarovski für Qualität und war wichtig für den Einstieg ins Geschäft. Material, Produkte und Facharbeiter kamen später aus Österreich und Deutschland.

"Es gab eine besonders seltsame Geschichte im Oman – wir wollten auch dort anfangen", erinnert sich Fritz Pfister. "Wir haben immer ein besonderes Augenmerk auf unsere Maschinen und Produkte gelegt. Eines Tages legten wir vor dem Polizeipräsidium in Muscat Testmarkierungen auf und stellten fest, dass alle unsere reflektierenden Verkehrskegel verschwunden waren. Niemand hat etwas bemerkt, niemand weiß etwas. Das Merkwürdige war, dass wir ein paar Tage später alle unsere Verkehrskegel an einem Polizeikontrollpunkt entdeckten."

Jeder Dollar war wirklich hart verdientes Geld; auf der einen Seite wegen der Arbeitsbedingungen, auf der anderen Seite musste man viel Ausdauer haben, bevor man das Geld von den staatlichen Kunden bekam. SWARCO mit dem Gründungsunternehmen M. SWAROSKI, einem jungen Team und einem Manfred Swarovski, der die Welt erkunden wollte, gelang es, sich innerhalb von zehn Jahren als kompetenter Partner im Mittleren Osten zu etablieren.

Fahrbahnmarkierungsmaterial "Made in Austria".

Fritz Pfisterist seit 1970 der Mann von SWARCO für alle Fälle und wird 2019 in den Ruhestand gehen. Er lebt seit Jahrzehnten mit seiner Frau glücklich in Tirol und ist Vater einer Tochter.

Fritz liebt die Natur und sein Fahrrad. Er blickt auf ein erfolgreiches Berufsleben als Geschäftsführer bei SWARCO zurück und war schon immer ein enger Begleiter von Manfred Swarovski.

Fritz Pfister in 2019.

EINE GROSSE LIEBE

Was für Fritz Pfister mit der Trennung von seinem Partner endete, war für Hans Jesacher der Beginn einer großen Liebe.  Als verantwortlicher Projektleiter im Büro in Bagdad zog Hans von 1978 bis 1983 alle Register, um das Geschäft voranzutreiben. "Ich habe mich in diese Stadt, das Land und die Menschen verliebt", sagt Hans, einer der besten Verkäufer, die SWARCO je hatte.

Unser Kunde war die Polizei. Bagdad erlebte in den 1970er Jahren einen enormen Wirtschaftsboom. Das Leben pulsierte auf den Straßen – die heute durch Krieg und Terror zerstört werden. Hans erinnert sich an die Veränderungen, die im Land vor dem Krieg begonnen haben: "Straßenmarkierungen waren etwas Neues, Zebrastreifen wurden eingeführt und erstmals markiert. Zunächst verstand die Bevölkerung nicht, wofür all dies gut sein sollte. Riesige Informationskampagnen mit speziellen Medienberichten in Fernsehen und Hörfunk erläuterten die Funktion von Straßenmarkierungen. Bei der Einführung jedes neuen Fußgängerüberwegs gab es zwei Männer in Uniform mit Pfiffen. Sie erklärten die Funktion des Fußgängerüberwegs und sorgten mit lautem Pfeifen dafür, dass die neuen Regeln eingehalten wurden.

Die Iraker waren damals ein sehr aufgeschlossenes Volk. Es war einfach, Teil der Gesellschaft zu sein. Das Land blühte auf. Die Stadt war wunderschön. Das Leben pulsierte auf den Straßen. Es gab Clubs, Veranstaltungen und Aktivitäten. Alkoholische Getränke und ein westlicher Lebensstil waren überall zu finden. Eine Zeit, in der Hans seine große Liebe und Frau kennenlernte, mit der er jetzt zwei wunderbare Kinder hat.

Markenbildung unter dem Namen M. SWAROVSKI im Büro in Bagdad.

Hans war für das Auftragsbuch verantwortlich. Einer der Aufträge war, die Straße von Bagdad nach Mosul – eine Strecke von über 400 Kilometern – zu markieren, bei 45 Grad im Schatten und bei vollständiger Begehung, um in der Mitte der Straße manuell einen Vormarkierungspunkt in Meterabstand zu setzen. Dann führte eine polizeilich begleitete Straßenmarkierungsmaschine die Mittellinien- und Kantenmarkierungen durch.

Als der erste Golfkrieg 1980 begann, blieben Hans und seine Frau für weitere drei Jahre in Bagdad. "Der Krieg fand in der Stadt nicht statt, hatte aber Auswirkungen auf das tägliche Leben. Zu Kriegsbeginn durfte man zum Beispiel nur bei ausgeschalteten Autoscheinwerfern nachts fahren, später musste man die Scheinwerfer abdecken. Meine Frau stammt aus Bagdad, und als die Situation immer gefährlicher wurde, beschlossen wir, nach Österreich zu ziehen. Hier wurde unser Sohn geboren, unser erstes Kind, " erinnert sich Hans.

Als das Abenteuer begann, war Hans erst 23 Jahre alt. Die damaligen Straßenmarkierungsaufträge waren der Beginn eines erfüllten Arbeitslebens, das von vielen Geschäftsreisen geprägt war. Und der Grundstein für den Erfolg von SWARCO. Was damals mit 1200 km Autobahnmarkierung auf vier Spuren und über 5 Millionen reflektierenden Straßennägeln begann, war die Grundlage für den heutigen weltweiten Erfolg von SWARCO.

Zebrastreifen: eine Neuheit in Bagdad in den 1970er Jahren.
Ein "Safety Car" für die Sicherheit der Striping-Crew bei ihrer harten Arbeit.

Hans Jesacherist seit 1978 SWARCOs Vertriebsexperte für Straßenmarkierungsprodukte weltweit.

Von SWARCO kann er sich noch nicht wirklich trennen. In seiner Pensionierung wird er seinen Enkeln viele interessante und abenteuerliche Geschichten erzählen können. Seine Liebe gilt seiner Frau, seinen Kindern, SWARCO, dem Irak und seinem Oldtimer. Wenn jemand ein Buch über den Verkauf schreiben sollte, sollte es Hans sein.

Hans Jesacher.

AUF DER STRASSE

Was wild und romantisch klingt, stellte für Josef Platter eine der größten Herausforderungen seines Berufslebens dar. In nur 14 Tagen von Österreich nach Saudi-Arabien mit einem Kleinlaster und einem Caravan auf der Ladefläche. Der Einsatz vor Ort: Zwei Monate lang bei Temperaturen um die 45 Grad Celsius Fahrbahnmarkierungen anbringen, das Ziel war klar: ein Abenteuer ohne Straßenkarten – ohne Handy, ohne Navigationssystem, ohne gesetzliche Ruhezeiten.

JOSEFS REISETAGEBUCH:

  • Meine Route: von Österreich / Spielfeld über Jugoslawien, Bulgarien, Türkei, Syrien, Jordanien nach Jeddah in Saudi-Arabien.
  • Ich fahre nachts, tagsüber stehe ich meist an Grenzübergängen.
  • Wenn ich in die Nacht fahre, ist das bei offenem Fenster, damit ich nicht einschlafe.
  • Ich kann einem anderen LKW vor mir folgen, der Fahrer hat das gleiche Ziel – und kennt den Weg.
  • Die Fahrt in einem Konvoi macht mich müde, oft muss ich an einer roten Ampel eine Kreuzung überqueren, um die Verbindung aufrechtzuerhalten.
  • In der Türkei fehlt bei fünfzig Prozent der entgegenkommenden Lkw die Windschutzscheibe. Junge Leute betteln am Straßenrand darum, dass Zigaretten von vorbeifahrenden Lastwagenfahrern geworfen werden, die Maut für eine gute Fahrt mit Windschutzscheibe. Ich habe Glück, meine Windschutzscheibe bleibt intakt.
  • Mein Wohnwagen ist für die Reise mit Konserven gefüllt, in Saudi-Arabien esse ich nur Kekse zum Frühstück und "Huhn" zum Mittagessen.
  • Im Durchschnitt verbringe ich an den meisten Grenzen über 30 Stunden, bevor die Reise fortgesetzt werden kann.
  • An der letzten Grenze zu Saudi-Arabien passen die Zollpapiere nicht, 1500 km von meinem Endziel entfernt.
  • Nach einem weiteren 3000 km Umweg komme ich am Ziel an.
  • Die Arbeit kann beginnen.

Hitze, mangelnde Hygiene, Staub und Sand, Essen am Straßenrand – der Alltag eines Straßenmarkierers in Saudi-Arabien. Das alles hat Josef Platter erlebt.

"Eine der größten Herausforderungen war es, das Arbeitsmaterial immer zur richtigen Zeit zur Verfügung zu haben. Es gab auch viele Male, in denen wir einfach nichts tun konnten, weil wir keine Farbe hatten. Damals war alles in diesem Land einfach eine große Herausforderung, was in Österreich oder Deutschland selbstverständlich war", berichtet Josef.

Die Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten waren sehr begrenzt. Dennoch lernte Josef, der vor diesem Auslandseinsatz nicht schwimmen konnte, im Roten Meer zu schwimmen. Er stellte seine Ernährung auf Huhn und Coca Cola um, weil es keine Alternativen gab. "Zurück in Österreich konnte ich ein halbes Jahr lang kein "Huhn" sehen", sagt Josef mit einem Lächeln im Gesicht.

"Was die Technologie betrifft, so waren wir Pioniere", sagt Josef.

Eine Markiermaschine mit einem 3 m langen Kragarm war bereits vor Ort. Der Ausleger wurde verwendet, um die Markierungen auf die Straße zu bringen. Zuvor musste die Maschine mehrfach eingestellt werden, bis alles passte. Bei der Arbeit trafen wir Stripteasetänzer aus Frankreich. Der Tschai, den wir zusammen am Straßenrand tranken, hatte eine unmittelbare Wirkung auf das Verdauungssystem. "Auf jeden Fall sind es Erinnerungen, die einen immer begleiten, auch wenn es sehr anstrengend war", fasst Josef zusammen.

Und jede Nacht, wenn die Sterne am orientalischen Nachthimmel aufgehen, funkeln Millionen von SWARCO-Glasperlen in den Scheinwerfern der Autos und sorgen für mehr Sicherheit und Orientierung auf den Straßen des Landes.

Josef Platterist seit 1971 für SWARCO tätig. Er ist der Mann, der alles über Straßenmarkierungen und deren Anwendung weiß.

Als Pionier, als praktischer Mann, als Mann für alle Anlässe und heute als Basismanager von SWARCO Heoscont in Wattens haben er und die vielen helfenden Hände seines Teams viel zur 50-jährigen Erfolgsgeschichte von SWARCO beigetragen.

Josef Platter.